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Zone 2 im Ausdauersport – warum lockere Einheiten der Gamechanger sind

Zone 2 im Ausdauersport – warum lockere Einheiten der Gamechanger sind

Die Diskussion um Trainingszonen ist in den letzten Jahren regelrecht explodiert: Fitness­­apps, Smartwatches und Podcasts liefern Schlagworte wie Zone 2 und preisen langsame Einheiten als Allheilmittel an. Doch was steckt wissenschaftlich dahinter? Dieser Beitrag beleuchtet die physiologischen Grundlagen und die aktuelle Studienlage zu Zone 2, zeigt Vorteile und Grenzen und gibt praktische Empfehlungen für Sportlerinnen und Sportler vom Hobbyläufer bis zum ambitionierten Triathleten.

Was ist Zone 2?

Der Begriff Zone 2 stammt aus der Herzfrequenz‑basierten Trainingssteuerung. In der klassischen Fünf-Zonen-Einteilung repräsentiert sie ein leichte bis moderat anstrengende Belastung (etwa 60 bis 70 % der maximalen Herzfrequenz). Laut Cleveland Clinic kann man in dieser Zone noch leichte Gespräche führen, verbrennt aber größtenteils Fett und baut eine aerobe Grundlagenausdauer auf health.clevelandclinic.org . Die Trainingszonen lassen sich grob zusammenfassen:

Zone Charakter Intensität (Prozent HFmax) Hauptenergieträger
Zone 1 Warm‑up/Regeneration 50‑60 % Fett
Zone 2 Aerobe Grundausdauer 60‑70 % Fett
Zone 3 Tempo/„Threshold“ 70‑80 % Fett, Kohlenhydrate
Zone 4 Laktatschwelle 80‑90 % Kohlenhydrate
Zone 5 Anaerob/ VO₂max 90‑100 % Kohlenhydrate

Die genaue Abgrenzung variiert je nach Methode (Herzfrequenz, Laktat, RPE), aber alle Modelle ordnen Zone 2 knapp unterhalb der ersten Laktat- bzw. ventilatorischen Schwelle ein. Ein Expertengremium definierte 2025 Zone 2 als einen Bereich direkt unter der ersten Laktat- oder Ventilationsschwelle, in dem sowohl kontinuierliche als auch variable oder intervallartige Einheiten möglich sind . Die Expertinnen und Experten erwarten von Zone-2-Training zahlreiche zentrale (Herz-Kreislauf) und periphere (Muskel) Anpassungen.

Warum niedrige Intensität wirkt: Physiologie

Fettstoffwechsel und Mitochondrien

Bei moderater Intensität nutzt der Körper vor allem Fettsäuren als Brennstoff. Zone 2 beansprucht vorwiegend Typ I-Fasern (Slow-Twitch) und fördert damit die Mitochondrienbildung. Eine sechswöchige Endurance-Trainingsstudie mit 21 Männern zeigte einen 55 %igen Anstieg der mitochondrialen Volumendichte in der Skelettmuskulatur; die Zunahme beruhte vor allem auf der Vergrößerung vorhandener Mitochondrien. Die Aktivität der Citrat-Synthase, ein Marker für die oxidative Kapazität, stieg parallel um 44 %. Mehr und größere Mitochondrien bedeuten effizientere Energiegewinnung aus Fetten und eine verbesserte Grundlagenausdauer.

Laktatabbau und Stoffwechselflexibilität

Laktat entsteht stärker bei höheren Intensitäten, kann aber durch gut trainierte Typ I-Fasern wiederverwertet werden. Bei niedriger Intensität werden die MCT‑1-Transporter in der Membran der langsamen Muskelfasern hochreguliert, wodurch Laktat effizient in die Mitochondrien transportiert und als Energiequelle genutzt wird. Die TrainingPeaks‑Analyse betont, dass Zone 2 die MCT‑1-Dichte und die mitochondriale Funktion steigert, was die Laktat Clearance verbessert. Dadurch sinkt die Gefahr einer „Laktatübersäuerung“ bei steigenden Belastungen.

Einfluss auf den Stoffwechselübergang

Eine Untersuchung an gesunden Erwachsenen zeigte, dass niedrigintensive Bewegung (55 % VO₂max) vor einem moderaten Workout die ATP-Bereitstellung aus der Mitochondrienatmung beschleunigt. Ein zehnminütiges Warm-up senkte die Phosphokreatin- und Laktatakkumulation im anschließenden moderaten Workout um rund 50 %. Die Forscher schlussfolgerten, dass vorherige leichte Belastung den mitochondrialen Stoffwechsel primt und dadurch die Energieversorgung für die folgenden höheren Intensitäten verbessert.

Training-Intensity-Distribution: Wie oft Zone 2?

Weltklasse-Athleten nutzen unterschiedliche Intensitätsverteilungen. Eine Analyse von Trainingstagesbüchern ergab ein pyramidales Muster: Der größte Teil der Trainingszeit entfällt auf hohes Volumen bei niedriger Intensität; weniger Zeit wird bei mittlerer und noch weniger bei hoher Intensität verbracht pmc.ncbi.nlm.nih.gov . Viele Ausdauersportler wenden heute das polarisierte Modell an – circa 75 bis 80 % Zone 1 (sehr leicht), 15 bis 20 % hohe Intensität und nur ein kleiner Teil in Zone 2 (Schwellenbereich) pmc.ncbi.nlm.nih.gov . Prospectiv randomisierte Studien zeigten für gut trainierte Athletinnen und Athleten größere Leistungszuwächse mit einem polarisieren Ansatz gegenüber einem Training, das vor allem auf Schwelle oder Volume setzt.

Trotzdem 60 bis 75 % Training in Zone 2?

In der Praxis verbringen viele Spitzenathleten dennoch 60 bis 75 % ihrer Trainingszeit in Zone 2, insbesondere in Grundlageneinheiten. Sportwissenschaftler Iñigo San Millán berichtet, dass ein Großteil des wöchentlichen Umfangs im niedrigen Intensitätsbereich absolviert wird, um die oben genannten aeroben Anpassungen zu erreichen. Zone 2 ist damit das Fundament, auf dem intensive Einheiten wie Intervalltraining aufbauen.

Studienlage – was sagen die Daten?

Expertenkommentar: Definition und erwartete Anpassungen

Ein 2025 veröffentlichter Kommentar von Sitko und Kolleginnen konsultierte 14 Sportwissenschaftler und Coaches, um Definition, Methoden und Anpassungen des Zone‑2 Trainings zu klären. Das Gremium kam überein, dass die Intensität unmittelbar unter der ersten Laktat- oder ventilatorischen Schwelle liegen sollte und sowohl kontinuierliche als auch intervallartige Einheiten (z. B. 3×20 min) möglich sind. Erwartete Anpassungen sind unter anderem eine verbesserte Kapillardichte, erhöhte Mitochondrienzahl, eine größere Fettoxidationskapazität und eine verbesserte Laktatübertragung. Das Panel weist jedoch darauf hin, dass viele dieser Anpassungen auch bei leicht höherer oder niedrigerer Intensität auftreten können.

Randomisierte Studie mit Freizeitläufern

Eine kontrollierte Studie aus dem Jahr 2020 untersuchte 38 Freizeitläufer, die acht Wochen lang zwei unterschiedliche Intensitätsverteilungen trainierten. Die polarized endurance training (PET)‑Gruppe absolvierte rund 77 % ihrer Zeit in Zone 1, 3 % in Zone 2 und 20 % in Zone 3, während die focused endurance training (FOC)‑Gruppe 40 % in Zone 1, 50 % in Zone 2 und 10 % in Zone 3 trainierte. Beide Programme wurden für die Gesamtbelastung (Training Impulse) ausgeglichen.

Nach acht Wochen verbesserten sich bei beiden Gruppen VO₂max, Geschwindigkeit an der Ventilatorischen Schwelle, Running Economy und 2 -km-Leistung (Verbesserungen zwischen 3 und 5 %). Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, allerdings war die Trainingszeit der FOC-Gruppe um etwa 17 % geringer. Die Autoren schlussfolgern, dass ein Programm mit hohem Zone‑2 -Anteil – also viele lockere, kontrolliert intensive Einheiten – für Freizeitsportlerinnen und -sportler genauso wirksam sein kann wie das klassische polarisierte Modell und dabei sogar Zeit spart.

Pilotstudie mit Triathleten

Eine achtwöchige Pilotstudie an 13 Collegiate-Triathletinnen und -Triathleten analysierte die Zeit in verschiedenen Herzfrequenzzonen. Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt: eine verbrachte mehr Zeit zwischen metabolischer Schwelle (VO₂0) und ventilatorischer Schwelle (VE0) – das entspricht dem Zone‑2 -Bereich –, während die andere weniger Zeit in dieser Zone trainierte. Nach acht Wochen verbesserten sich beide Gruppen in relativer VO₂max, VO₂0 und VE0; die Gruppe mit höherem Zone‑2 -Anteil erzielte jedoch eine deutlich größere Zunahme der (VO₂θ) (Metabolischer Schwellenwert). Die Autoren schlussfolgern, dass das Verbringen von mehr Trainingszeit zwischen den beiden Schwellen die aerobe Kapazität optimieren kann.

Kritische Sicht: Ist Zone 2 ein Allheilmittel?

Eine narrative Review von Storoschuk und Kollegen (2025) analysierte die hypeartige Diskussion um Zone 2. Die Autoren argumentieren, dass die Medien Zone 2 als optimale Intensität für den Aufbau von Mitochondrien und die Gesundheitsförderung darstellen, obwohl zahlreiche Studien eine höhere Intensität für eine maximale Verbesserung der kardiometabolischen Gesundheit empfehlen. Sie betonen, dass Zone 2 zwar für das Grundlagentraining wichtig ist, aber nicht die alleinige Lösung für alle Menschen darstellt und besonders bei geringer Trainingszeit Einheiten oberhalb der Schwelle wichtig sind. Dieses kritische Perspektive unterstreicht, dass Zone 2 in einen Gesamtkontext eingebettet werden muss.

Praxisleitfaden: Zone 2 richtig trainieren

Intensität ermitteln

  • Herzfrequenzmethode: Ausgangspunkt ist die maximale Herzfrequenz (HFmax). Traditionell wird HFmax als 220 minus Lebensalter berechnet; genauer ist die Karvonen-Formel (HFmax – Ruhe-HF) × Zielprozent + Ruhe-HF. Zone 2 liegt bei etwa 60 bis 70 % der HFmax
  • Laktattest oder Spiroergometrie: Für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler empfiehlt sich eine Leistungsdiagnostik. Zone 2 liegt knapp unter der ersten Laktatschwelle (ca. 2 mmol Laktat pro Liter Blut) oder der ersten Ventilationsschwelle
  • Borg-Skala/RPE: Einfache Orientierung nach subjektivem Anstrengungsempfinden. Zone 2 entspricht einem Wert von 3 bis 4 (leicht bis etwas anstrengend) auf einer Skala von 0 bis 10.

Gestaltung der Einheiten

  • Dauer: Zone 2-Einheiten dauern typischerweise 30 min bis mehrere Stunden. Längere, ruhige Einheiten fördern die Fettverbrennung und Mitochondrienbildung.
  • Häufigkeit: Laut Trainingspeaks sollte ein Ausdauerathlet zu Beginn der Saison 3 bis 4 Zone 2-Einheiten pro Woche absolvieren, später 2 bis 3 und während der Wettkampfsaison 1 bis 2 zur Erhaltung.
  • Variation: Neben klassischen Dauerläufen eignen sich Rad- oder Schwimmsessions sowie lockere Intervalle (z. B. 3×20 min mit kurzen Gehpausen), um die Intensität zu halten und monotone Belastungen zu vermeiden.
  • Kombination mit HIIT: Zone 2 bildet das Fundament, sollte aber mit hochintensiven Intervallen (Zone 4/5) kombiniert werden. Zwei HIIT-Einheiten pro Woche genügen meist, um den maximalen Sauerstoffumsatz zu steigern.

Häufige Fehler

  • Zu schnell laufen: Viele Hobbyläufer absolvieren angebliche Zone 2-Einheiten eigentlich im Schwellenbereich. Nutzen Sie Herzfrequenz- oder Laktatmessungen, um die Intensität zu kontrollieren.
  • Nur noch langsam: Die aktuelle Evidenz betont, dass ausschließliches Grundlagentraining ohne intensive Reize zu einer Stagnation führt 
  • Monotonie: Variieren Sie Strecken, Sportarten und Untergründe, um Motivation und Anpassungsreiz hoch zu halten.

Zone 2 als Gamechanger – ein Fazit

Lockere Ausdauereinheiten sind weit mehr als nur Erholung. Sie trainieren den Fettstoffwechsel, erhöhen die mitochondriale Kapazität , verbessern die Laktat Clearance und bereiten den Körper auf intensivere Belastungen vor. Eine ausgewogene Trainingsplanung zeigt: Wer regelmäßig in Zone 2 trainiert, erhält die Grundlage für Leistungsfähigkeit und Gesundheit, spart Zeit gegenüber rein polarisiertem Training und kann seine aerobe Kapazität nachhaltig steigern.

Dennoch ist Zone 2 kein alleiniger Heilsbringer. Intensive Einheiten haben ihre Berechtigung, und die ideale Verteilung hängt von Trainingszustand, Sportart und Zielen ab. Für Freizeitathleten, Gesundheitsbewusste und Einsteigerinnen bildet Zone 2 eine risikoarme Methode, um langfristig fit und belastbar zu bleiben. Profis nutzen diese Einheiten gezielt, um ihre aerobe Basis zu stärken und höhere Intensitäten vorzubereiten.

Weiterführende Tipps

  • Leistungsdiagnostik: Eine regelmäßige Diagnostik (Laktat oder Spiroergometrie) hilft, Trainingszonen individuell zu bestimmen und Fortschritte zu messen.
  • Regeneration beachten: Auch lockere Einheiten belasten den Organismus. Ausreichender Schlaf, ausgewogene Ernährung und Periodisierung sind entscheidend.
  • Technik und Ökonomisierung: Lange Einheiten sind ideal, um Lauf- oder Radtechnik zu verbessern, Haltung zu optimieren und Muskelketten effizienter einzusetzen.
  • Langfristig denken: Mitochondriale Anpassungen brauchen Wochen bis Monate. Ein konstanter Aufbau ist der Schlüssel zum Erfolg.

Zone 2 ist der unspektakuläre Held des Ausdauersports. Sie wirkt langsam, aber nachhaltig. Wer sie clever mit intensiven Reizen kombiniert, erhält den Gamechanger-Effekt: gesteigerte Ausdauerleistung, verbesserte Gesundheit und langfristige Fortschritte.

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