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Ernährung für Hybrid-Athlet:innen – die ultimative Strategie für Kraft & Ausdauer

Ernährung für Hybrid-Athlet:innen – die ultimative Strategie für Kraft & Ausdauer

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Energieverfügbarkeit – die unsichtbare Steuerzentrale

Das Konzept der Energieverfügbarkeit (EV)

Stell dir deinen Körper wie ein Unternehmen vor. Dein Training sind die Projekte, die du jeden Tag anschiebst: ein schwerer Squat-Tag, ein langer Lauf, vielleicht noch eine Intervalleinheit. Jedes Projekt kostet Ressourcen – Energie, Material, Arbeitszeit. Wenn die Geschäftsführung (also dein Gehirn) nicht genug Budget freigibt, können die Projekte zwar gestartet werden, aber irgendwann fehlt Material, die Mitarbeitenden sind erschöpft und das ganze System läuft auf Verschleiß.

Genau das ist die Idee hinter dem Konzept der Energieverfügbarkeit (englisch energy availability, kurz EV). Während Kalorienbilanz einfach nur „Zufuhr minus Verbrauch“ betrachtet, geht EV einen Schritt tiefer: Es fragt, wie viel Energie deinem Körper nach Abzug des Trainings pro Kilogramm fettfreier Masse (also Muskel, Organe, Knochen) noch übrig bleibt, um lebenswichtige Prozesse am Laufen zu halten.

Formel

EV = (Kalorienzufuhr – Trainingskalorien) / FFM (kg)

Grenzwerte

  • Liegt EV unter ~30 kcal/kg FFM/Tag, gerät der Körper in den Bereich von RED-S. Das ist kein „leichter Energiemangel“, sondern eine systemische Störung: Hormone, Immunsystem, Knochenstoffwechsel und Regeneration laufen auf Sparflamme.
  • Optimal für Leistungsentwicklung sind 40–45 kcal/kg FFM/Tag – der Sweet Spot, an dem Training adaptiert, Muskeln aufgebaut und Ausdauerqualitäten verbessert werden.

Wenn das Budget schrumpft – was passiert bei zu wenig EV?

Dein Körper priorisiert überlebenswichtige Funktionen. Leistung, Muskelwachstum oder ein stabiler Hormonhaushalt sind „Luxus“, wenn Energie knapp ist.

  • Hormone: Die Produktion von Testosteron (bei Männern) oder Östrogen/Progesteron (bei Frauen) sinkt. Folge: Libidoverlust, Zyklusstörungen, schlechtere Muskelanpassung.
  • Schilddrüse: T3, das stoffwechselaktive Schilddrüsenhormon, fällt ab. Stoffwechseltempo reduziert sich, du fühlst dich träge, frierst leichter.
  • Knochen: Der Knochenumbau wird gehemmt, Stressfrakturen werden wahrscheinlicher.
  • Immunsystem: Erkältungen oder Infekte häufen sich.
  • Psyche: Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Schlafprobleme – klassische Marker für Low Energy Availability.

Kurz: Dein Körper überlebt, aber er performt nicht.


Warum gerade Hybrid-Athlet:innen gefährdet sind

Für reine Ausdauerathlet:innen ist EV seit Jahren ein Thema. Doch Hybrid-Athlet:innen sind oft noch stärker betroffen – ihr Trainingsvolumen ist hoch, aber sehr unterschiedlich verteilt.

Ein Beispiel

  • Montag: Kraft (90 Minuten, hoher Energieumsatz)
  • Dienstag: Intervalle (75 Minuten, 700–900 kcal)
  • Mittwoch: Lockerer Run (60 Minuten, 500 kcal)

Dazu kommen Alltagsbewegung, Beruf, ein generell aktiver Lebensstil. Das summiert sich. Viele Hybrid-Athlet:innen essen schlicht nicht genug – aus dem Wunsch „definiert“ zu bleiben oder weil sie die Intensität der Sessions unterschätzen.

Besonders die Kombination langer Ausdauerbelastungen mit schwerem Krafttraining ist eine EV-Falle: Der Energieverbrauch ist enorm, das Hungersignal hinkt hinterher. Ergebnis: trotz „gutem Training“ keine Fortschritte oder sogar Rückschritte.


Die Falle der „versteckten“ Energiekrise

Klassische Marker wie Körpergewicht oder BMI sind unzuverlässig: Man kann normalgewichtig oder muskulös sein – und dennoch chronisch im Defizit laufen.

Bessere Indikatoren

  • Leistung stagniert oder fällt trotz hartem Training.
  • Erholungsphasen ziehen sich unnötig lange.
  • Schlafqualität nimmt ab.
  • Konzentrationsschwächen und Stimmungsschwankungen häufen sich.
  • Frauen: Zyklusstörungen; Männer: sinkende Libido.

Viele dieser Symptome werden als „normal“ abgetan („müde vom Training“). Oft steckt schlicht zu wenig Energie im System.


Wie kann man seine EV praktisch im Blick behalten?

Die exakte Berechnung erfordert genaue Daten zu Trainingsexpends und Körperkomposition. Praktisch helfen folgende Ansätze:

  1. Gewichtstrends beobachten: nicht Tageswerte, sondern 2–3-Wochen-Schnitt. Ungewollter Gewichtsverlust = Energiemangel.
  2. Trainings- & Stimmungstagebuch: einfacher Score für Müdigkeit, Schlafqualität, Motivation.
  3. Blutmarker prüfen: Ferritin, Schilddrüsen- und Sexualhormone – bei anhaltender Müdigkeit/Stagnation ärztlich checken.
  4. Essverhalten reflektieren: Sind Mahlzeiten groß genug, um wirklich zu sättigen? „Clean & leicht“ passt oft nicht zu massivem Trainingsinput.

Kapitel 2: Kohlenhydrate – mehr als nur Treibstoff

Stell dir vor, dein Körper wäre ein Hybridauto. Für die langen, gleichmäßigen Fahrten auf der Autobahn nutzt es Strom – sparsam, effizient, ausdauernd. Aber wenn du plötzlich aufs Gas trittst, den Berg hoch beschleunigst oder einen Überholvorgang einleitest, reicht Strom nicht mehr. Dann braucht es Benzin – sofort, explosiv, leistungsfähig.

In deinem Körper sind die Kohlenhydrate dieses „Benzin“. Sie sind der Treibstoff, der immer dann entscheidend ist, wenn Intensität, Geschwindigkeit oder Last hoch sind. Doch sie sind weit mehr als nur Energiequelle – sie sind auch ein Signalgeber, der deinem Körper sagt, ob er gerade auf „Aufbau“ oder „Sparmodus“ schalten soll.


Glykogen: dein interner Akku

Kohlenhydrate werden in Form von Glykogen gespeichert – in deinen Muskeln und in deiner Leber. Die Muskeln speichern Energie für lokale Arbeit: Wenn du squattest, nutzt vor allem der Quadrizeps seinen eigenen Akku. Die Leber dagegen hält die Blutzuckerkonzentration stabil, damit auch das Gehirn, das auf Glukose angewiesen ist, zuverlässig versorgt bleibt.

Ein durchschnittlich trainierter Mensch kann rund 400–600 Gramm Glykogen in Muskeln und etwa 100 Gramm in der Leber speichern. Hochtrainierte Athlet:innen kommen auf über 700 Gramm – was etwa 3.000 kcal entspricht. Klingt viel? Für einen Hybrid-Athleten, der morgens Intervalle ballert und abends noch Kreuzhebt, ist das erstaunlich schnell weg.


Carbs als Signal: AMPK vs. mTOR

Glykogenstände beeinflussen nicht nur, wie viel Energie du zur Verfügung hast, sondern auch, welche Signalwege dein Körper aktiviert:

  • Niedrige Glykogenspeicher aktivieren AMPK (AMP-activated protein kinase). Signal: „Wir brauchen mehr Effizienz, baut mehr Mitochondrien, optimiert die Ausdauer.“
  • Hohe Glykogenspeicher fördern mTOR (mechanistic target of rapamycin). Signal: „Wir haben Ressourcen, also können wir Muskeln reparieren und aufbauen.“

Für Hybrid-Athlet:innen ist das eine Gratwanderung. Wer ständig „leer“ trainiert, optimiert vielleicht die Ausdauer, bremst aber Muskelwachstum. Wer immer „voll“ trainiert, baut Muskeln auf, verpasst aber Ausdaueranpassungen.
Die Kunst liegt in der Periodisierung von Kohlenhydraten: Wann trainiere ich „high“, wann gezielt „low“?


Train-high und Train-low – wie man mit Kohlenhydraten steuert

Die Sporternährung spricht von „Train-high“ und „Train-low“:

  • Train-high: Du gehst mit gut gefüllten Speichern ins Training. Ideal für Kraftsessions, Intervalle oder alles, wo maximale Qualität gefragt ist.
  • Train-low: Du startest bewusst mit reduzierten Glykogenständen, z. B. nach einer kohlenhydratarmen Mahlzeit oder nüchtern am Morgen. Das erhöht AMPK-Signale und verstärkt Ausdaueranpassungen.

Wichtig: „Train-low“ ist ein Werkzeug, kein Lebensstil. Wer es übertreibt, riskiert Übertraining oder Low-Energy-Verfügbarkeit. Sinnvoll: 1–2 Einheiten pro Woche „low“, Schlüssel-Workouts und Kraftsessions jedoch immer „high“.


Kohlenhydrate während der Einheit: mehr als nur Zucker schaufeln

Bei langen Einheiten geht es nicht nur darum, Energie nachzulegen. Es geht auch darum, wie dein Darm damit umgehen kann.

Dein Dünndarm besitzt verschiedene Transporter:

  • SGLT1 für Glukose (max. ~60 g pro Stunde)
  • GLUT5 für Fruktose (~30 g pro Stunde)

Wenn du beide Wege gleichzeitig nutzt, kommst du auf ~90 g pro Stunde – trainierte Athlet:innen schaffen mit gezieltem Darmtraining sogar bis zu 120 g. Das ist wie beim Autobahn-Hybrid: mehrere Tankstutzen gleichzeitig öffnen, damit mehr Energie durchpasst.

Entscheidend ist also nicht nur die Menge, sondern auch die Kombination: Ein Gel mit reinem Glukose-Sirup bringt dich an die GI-Grenze, während ein 2:1-Mix aus Glukose und Fruktose deutlich effizienter ist.


Kohlenhydrate nach dem Training: Timing vs. Tagesbilanz

Oft wird gefragt: „Muss ich direkt nach dem Training Kohlenhydrate essen?“ Antwort: Kommt darauf an.

  • Zweite Session am selben Tag: schnelles Auffüllen entscheidend (ca. 1 g pro kg Körpergewicht pro Stunde für die ersten 3–4 Stunden).
  • Länger Pause bis zur nächsten Belastung: Tagesbilanz wichtiger als sofortiges Timing.

Für Hybrid-Athlet:innen: Nach einer schweren Kraftsession mit Folgelauf am nächsten Morgen ist schnelles Auffüllen Pflicht. Nach lockeren Einheiten reicht es, im Tagesverlauf genug Kohlenhydrate zuzuführen.


Praxisfalle: „Carbs machen müde“

Viele Athlet:innen berichten, dass sie sich nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten müde fühlen. Ursache ist meist nicht der Carb selbst, sondern die Kombination: sehr schnelle Kohlenhydrate, wenig Protein oder Fett, große Portion → Blutzuckeranstieg mit anschließendem Abfall.

Lösung: Carbs smarter verteilen:

  • Große Mengen rund um Trainingseinheiten.
  • Kleinere Portionen über den Tag.
  • Variabilität nutzen: nicht nur Pasta – auch Reis, Kartoffeln, Couscous, Früchte oder Hafer liefern Energie mit unterschiedlicher Verdauungsgeschwindigkeit.


Kapitel 3: Protein – der Baumeister und Signalgeber

Wenn Kohlenhydrate dein Treibstoff sind, dann ist Protein das Baumaterial. Stell dir vor, du willst dein Haus nicht nur heizen (Energie), sondern auch renovieren und erweitern. Ohne Baustoffe passiert nichts. Für Hybrid-Athlet:innen ist Protein nicht nur für Muskelaufbau wichtig, sondern auch für Regeneration, Immunsystem und sogar Bindegewebe.


Protein ist nicht gleich Protein – das Signal zählt

Viele denken, Protein sei einfach nur Eiweiß, das Muskeln „füttert“. Aber die Realität ist spannender: Protein wirkt auch als Signal. Der entscheidende Schalter heißt mTOR (mechanistic Target of Rapamycin). mTOR entscheidet, ob dein Körper neue Muskelproteine aufbaut oder nicht.

Das Besondere: mTOR reagiert nicht nur auf Training, sondern auch auf Aminosäuren – vor allem auf Leucin. Leucin ist wie der Schlüssel, der das Baukran-Signal gibt: „Los, fangt an zu bauen.“ Ohne diesen Trigger kann noch so viel Protein im Körper zirkulieren – der Muskelaufbau bleibt gedrosselt.


Das „Muscle Full“-Phänomen

Mehr Protein ist nicht immer besser. Wenn du 100 g Protein auf einmal isst, nutzt dein Körper davon nicht automatisch 100 g für den Muskelaufbau. Stattdessen tritt das sogenannte Muscle Full-Phänomen ein: Nach einer gewissen Menge sind die Signalwege für ein paar Stunden gesättigt. Zusätzliche Aminosäuren werden dann eher oxidiert oder gespeichert, nicht in Muskelprotein eingebaut.

Praxis: Nicht nur die Gesamtmenge zählt, sondern auch die Verteilung. Mehrere mittelgroße Portionen über den Tag sind effektiver als wenige große „Proteinbomben“.


Wie viel ist genug?

Die Forschung zeigt: 1,6–2,4 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht sind für die meisten Athlet:innen optimal. Im Kaloriendefizit können es auch 2,2–2,6 g sein, um Muskeln zu schützen.

Entscheidend ist die Portionierung: etwa 0,3–0,4 g pro Kilogramm Körpergewicht pro Mahlzeit. Für eine 70-kg-Athletin sind das rund 20–30 g Protein pro Portion – genau die Menge, die eine effektive Leucin-Spitze setzt.


Timing: wann Protein am meisten bringt

  • Nach dem Training: mTOR ist durch die Belastung schon aktiviert. Ein Protein-Input verstärkt diesen Effekt und beschleunigt die Reparatur – besonders wichtig, wenn die nächste Einheit schon bald ansteht.
  • Über den Tag: 4–6 gleichmäßig verteilte Portionen wirken besser als 2 große Mahlzeiten.
  • Vor dem Schlafen: Eine langsame Proteinquelle (z. B. Casein) kann die Muskelproteinsynthese auch über Nacht unterstützen. Besonders in harten Trainingsphasen ein unterschätzter Hack.

Proteinqualität – nicht jede Quelle ist gleich

Nicht alle Proteine liefern die gleiche Zusammensetzung an Aminosäuren. Entscheidend sind drei Faktoren:

  1. Aminosäurenprofil: ist genug Leucin enthalten?
  2. Verdaulichkeit: wie gut kann dein Körper das Protein aufnehmen?
  3. Kombination: ergänzen sich mehrere Quellen?

Tierische Proteine wie Whey, Eier oder Fleisch sind nahezu perfekt zusammengesetzt. Pflanzliche Proteine können trickreicher sein, weil einzelne Aminosäuren fehlen oder in geringerer Menge vorliegen. Aber durch Kombinationen – etwa Reis- mit Erbsenprotein – lässt sich das ausgleichen. Für vegane Hybrid-Athlet:innen heißt das: bewusster kombinieren, aber absolut möglich.


Mehr als Muskeln: Protein für Bindegewebe und Immunsystem

Protein ist nicht nur für Muskelaufbau entscheidend. Hybrid-Athlet:innen belasten Sehnen, Bänder und Gelenke enorm. Hier spielt die Kollagensynthese eine Rolle – ein Prozess, der Protein (Gelatine oder Kollagenpeptide) plus Vitamin C benötigt. Studien zeigen: eine kleine Dosis Gelatine (~15 g), kombiniert mit Vitamin C vor Sprung- oder Plyo-Einheiten, kann die Kollagenproduktion erhöhen.

Auch das Immunsystem hängt direkt an Proteinen: Antikörper sind Eiweiße. Wer dauerhaft zu wenig Protein zuführt, merkt das oft an gehäuften Infekten – gerade in harten Trainingsblöcken.


Zusammenfassung

  • Ohne genug Protein keine Reparatur, kein Wachstum, keine stabile Immunabwehr.
  • Ohne richtige Verteilung und Qualität wird selbst eine hohe Gesamtmenge ineffektiv.
  • Ohne Protein im richtigen Timing laufen Signalwege ins Leere.

Fazit: Protein ist Baumaterial und Signal zugleich – eine zentrale Stellschraube der Leistungsentwicklung.


Kapitel 4: Fette – unterschätzte Rolle im Hybrid-Setting

Wenn Kohlenhydrate der Turbo und Protein das Baumaterial sind, dann sind Fette das stille Fundament. Sie wirken oft unspektakulär, aber ohne sie bricht das ganze System langfristig zusammen. Gerade Hybrid-Athlet:innen unterschätzen diesen Makronährstoff, weil er nicht direkt „Performance“ signalisiert – aber genau hier lauert eine der größten Fallen.


Warum wir Fette so oft missverstehen

Viele Athlet:innen haben im Kopf: „Fett macht fett“ oder „zu viel Fett macht langsam“. Das hat historische Gründe – jahrzehntelang wurde Fett in der Ernährungswissenschaft verteufelt. Heute wissen wir: Fett ist kein Gegner, sondern ein Multitool. Es liefert Energie, stabilisiert Hormone, baut Zellmembranen auf und ist an der Signalweiterleitung im Nervensystem beteiligt.

Das Problem ist nicht das Fett an sich – sondern wenn wir zu wenig oder die falsche Art zuführen.


Fette als Energieträger – langsam, aber ausdauernd

Ausdauertraining läuft in erster Linie auf Fettoxidation – zumindest in niedrigen bis mittleren Intensitäten. Stell dir vor, du joggst locker oder radelst entspannt: Dein Körper zieht einen großen Teil der Energie aus Fettsäuren. Der Vorrat ist quasi unbegrenzt – selbst schlanke Athlet:innen tragen zigtausend Kalorien in Form von Körperfett mit sich herum.

Bei hoher Intensität wechselt der Körper jedoch automatisch in den Kohlenhydratmodus. Deshalb gilt Fett nicht als primärer Leistungsbooster für harte Sessions. Aber: Ohne stabile Fettversorgung fehlen dir die Grundlagenenergie und die Flexibilität, zwischen Fettoxidation und Kohlenhydratverbrennung zu wechseln.


Hormone: das unsichtbare Geflecht

Noch wichtiger als die energetische Rolle ist die hormonelle. Viele unserer zentralen Signalhormone werden aus Fetten gebaut – allen voran den Steroidhormonen wie Testosteron, Östrogen und Cortisol. Sinkt die Fettzufuhr unter ein gewisses Minimum (meist <0,8 g/kg Körpergewicht), kann die Hormonproduktion einbrechen.

Die Folgen sind drastisch:

  • weniger Muskelaufbau (durch sinkendes Testosteron),
  • Zyklusstörungen bei Frauen,
  • schwankende Stimmung,
  • schlechtere Regeneration.

Und das alles, obwohl Training und Proteinzufuhr eigentlich passen würden.


Nervensystem und Gehirn

Auch unser Gehirn ist ein Fettorgan. Rund 60 % seiner Masse besteht aus Lipiden, und viele davon sind essenziell für die Funktion. Omega-3-Fettsäuren, insbesondere DHA, sind entscheidend für die Fluidität von Zellmembranen und damit für die Signalübertragung zwischen Nervenzellen.

Für Hybrid-Athlet:innen ist das kein akademisches Detail: Wer im Gym saubere Technik braucht, beim Laufen schnelle Reaktionen oder im Rennen mentale Klarheit, sollte dem Gehirn die Bausteine geben, die es braucht.


Omega-3 vs. Omega-6 – das Verhältnis zählt

Oft hört man: „Nimm einfach Omega-3.“ Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Entscheidend ist das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3. Beide sind essenziell, aber während Omega-6 (z. B. Linolsäure in Pflanzenölen) eher pro-inflammatorisch wirkt, haben Omega-3-Fettsäuren entzündungsmodulierende Eigenschaften.

Das heißt nicht, dass Omega-6 „schlecht“ ist – aber in der modernen Ernährung ist es oft überrepräsentiert (durch Pflanzenöle, Fertigprodukte, Fleisch aus konventioneller Tierhaltung). Ein hoher Omega-6-Anteil kann Entzündungsprozesse verstärken, die bei intensiven Trainingsblöcken ohnehin schon hoch sind.

Für Athlet:innen bedeutet das: Omega-3 bewusst erhöhen – sei es durch fetten Fisch (Lachs, Makrele, Sardinen) oder durch Supplemente. Ziel ist kein perfektes Verhältnis, sondern ein ausbalancierter Gegenspieler zu den ohnehin reichlich vorhandenen Omega-6-Fettsäuren.


Ketone und „Low-Carb“-Strategien

Ein heiß diskutiertes Thema: Brauchen Hybrid-Athlet:innen Ketone? Oder sollten sie Low-Carb-Phasen nutzen, um die Fettverbrennung zu trainieren?

Antwort: situativ.

  • Kurz, hart & Krafttraining: klar besser mit Carbs.
  • Lange, lockere Einheiten: gute Fettverbrennungsfähigkeit kann sinnvoll sein, um „Carb-Reserven“ zu schonen.

Aber: Wer dauerhaft „low carb“ trainiert, riskiert genau die Interferenz, die Hybrid-Athlet:innen vermeiden wollen – nämlich dass mTOR (Muskelaufbau) gedämpft wird. Ketone können in speziellen Kontexten (z. B. bei Ultradistanzen oder in der Höhenanpassung) spannend sein, sind aber kein Muss für die tägliche Performance.


Praktische Empfehlung

Für die meisten Hybrid-Athlet:innen ist es sinnvoll, nicht unter 20–30 % der Gesamtkalorien aus Fett zu fallen – oder mindestens 0,8–1,0 g/kg Körpergewicht. Mehr ist kein Problem, solange die Kohlenhydratversorgung für harte Einheiten gesichert ist.

Die Quellen machen den Unterschied:

  • Gut: Olivenöl, Nüsse, Samen, Avocado, fetter Fisch.
  • Neutral/ok in Maßen: Butter, Käse, Kokosöl.
  • Problematisch, wenn dominant: stark verarbeitete Pflanzenöle, Transfette.

Zusammenfassung

  • Fett ist eine tragende Säule im Hybrid-Training.
  • Es liefert die Grundlast an Energie für lange Sessions.
  • Es hält Hormone stabil.
  • Es unterstützt Gehirn und Nervensystem.
  • Es sorgt für Balance in einem entzündungsreichen Trainingsalltag.

Bild: Zu wenig Fett ist wie ein Auto ohne Öl: Es fährt – aber der Motor läuft heiß, bis er irgendwann kaputtgeht.


Kapitel 5: Hydration & Elektrolyte – Wissenschaft der Flüssigkeit

„Trink genug Wasser“ – dieser Satz klingt wie der Standard-Ratschlag auf jedem Fitness-Blog. Doch für Hybrid-Athlet:innen ist das viel zu simpel. Wasser ist wichtig, ja. Aber Leistung hängt nicht nur davon ab, wie viel Flüssigkeit du zuführst, sondern auch welche Zusammensetzung sie hat und wann du sie trinkst.

Stell dir vor, dein Körper ist wie ein Hochleistungsmotor im Sommer. Es reicht nicht, einfach Benzin in den Tank zu füllen – du brauchst auch Kühlung, Schmierung und die richtigen Additive, damit alles rundläuft. Genau das leisten Flüssigkeit und Elektrolyte.


Schweiß: mehr als nur Wasserverlust

Wenn du trainierst, schwitzt du nicht nur Wasser, sondern auch Elektrolyte – vor allem Natrium, daneben Chlorid, Kalium, Magnesium und Calcium. Schweiß ist quasi das Kühlsystem deines Körpers.

Das Entscheidende: Schweißraten und -zusammensetzung sind extrem individuell. Manche Athlet:innen verlieren 0,4 Liter pro Stunde, andere 2 Liter. Manche verlieren 300 mg Natrium pro Liter, andere über 1.500 mg. Deswegen ist die Empfehlung „trink einfach 2 Liter am Tag“ kompletter Quatsch, wenn es um sportliche Leistung geht.


Was passiert bei Flüssigkeitsmangel?

Schon ein Verlust von 2 % des Körpergewichts durch Schweiß kann spürbar die Leistungsfähigkeit reduzieren. Bei 70 kg Körpergewicht entspricht das gerade einmal 1,4 Litern – etwas, das bei einem langen Lauf im Sommer schnell zusammenkommt.

Die Folgen sind klar messbar:

  • Blutvolumen sinkt → Herz muss schneller schlagen.
  • Körpertemperatur steigt → Kühlung läuft auf Anschlag.
  • Wahrnehmung von Anstrengung nimmt zu → Pace fühlt sich härter an.
  • Kognitive Leistung fällt → Fokus und Technik leiden.

Für Hybrid-Athlet:innen bedeutet das: Nicht nur die Ausdauer leidet, sondern auch die Qualität im Gym. Wer dehydriert squattet, hat weniger Spannung im System, ermüdet schneller und riskiert eher Fehler.


Hyponatriämie – die unterschätzte Gefahr

Interessanterweise ist nicht nur zu wenig trinken ein Problem, sondern auch zu viel Wasser ohne Elektrolyte. Dann verdünnt sich das Blut-Natrium – man spricht von Hyponatriämie. Symptome reichen von Kopfschmerzen und Übelkeit bis hin zu Verwirrtheit und im Extremfall lebensbedrohlichen Zuständen.

Besonders gefährdet: Ausdauerathlet:innen, die bei langen Events ständig Wasser nachkippen, ohne Salz zuzuführen. Hybrid-Athlet:innen, die z. B. im Sommer lange Radausfahrten machen und danach noch ins Gym gehen, sollten das Risiko genauso ernst nehmen.


Wie du deine Schweißrate bestimmst

Die einfachste Methode braucht keine Hightech-Analyse:

  1. Vor dem Training nackt wiegen.
  2. Trainieren (mit protokollierter Dauer). Flüssigkeitsaufnahme und Urinverlust notieren.
  3. Nach dem Training nackt wiegen.

Die Differenz sagt dir, wie viel Schweiß du verloren hast. Beispiel:

  • Vorher: 70,0 kg
  • Nachher: 68,8 kg
  • Getrunken: 0,5 L
  • Kein Urinverlust

→ Verlust: 1,2 kg + 0,5 L = 1,7 L in 90 Minuten, also ~1,1 L/h.

So findest du deine persönliche Spanne heraus.


Natrium: der Schlüssel-Elektrolyt

Während Magnesium, Kalium & Co. wichtig sind, ist Natrium der Gamechanger für Performance. Es reguliert den Flüssigkeitshaushalt, die Nervenleitung und die Muskelkontraktion. Ohne ausreichend Natrium kann Wasser nicht effizient aufgenommen werden – du trinkst, aber es „versickert“, statt dich zu hydrieren.

Die meisten Sportgetränke enthalten zwischen 300 und 800 mg Natrium pro Liter. Athlet:innen mit hohem Schweißverlust („salty sweaters“) brauchen eher am oberen Ende oder darüber. Wer stark salzige Ränder auf Shirt oder Cap nach langen Sessions sieht, sollte besonders darauf achten.


Temperatur und Umweltbedingungen

Hydration ist nicht statisch – sie hängt stark von der Umgebung ab:

  • Hitze: Höhere Schweißraten, höherer Natriumverlust. Getränke sollten kühler und leichter verträglich sein.
  • Kälte: Flüssigkeitsverlust wird oft unterschätzt, weil man weniger Durst hat. Trotzdem verliert man Flüssigkeit über Schweiß und Atmung.
  • Höhe: Erhöhter Atemverlust von Wasser, gleichzeitig oft verringerte Durstsignale.

Hybrid-Athlet:innen trainieren häufig in wechselnden Settings – ein langer Trailrun in der Sommerhitze verlangt eine andere Strategie als eine Krafteinheit im klimatisierten Gym.


Praxis: Wie viel trinken?

Die Spanne liegt zwischen 0,4 und 0,8 Litern pro Stunde Training. Mehr ist selten nötig, außer in extrem heißen Bedingungen.

Wichtiger als pauschale Zahlen ist, deine persönliche Rate zu kennen und deine Getränke entsprechend zu gestalten. Im Training kannst du das ausprobieren, im Wettkampf dann sicher umsetzen.


Zusammenfassung

  • Hydration ist kein Nebenschauplatz, sondern ein zentraler Performance-Faktor.
  • Wasser allein reicht nicht – ohne Elektrolyte, besonders Natrium, läuft das System nicht rund.
  • Zu wenig trinken drosselt Leistung, zu viel ohne Salz ist genauso gefährlich.
  • Wer seine Schweißrate und Natriumverluste kennt, kann präzise steuern – und vermeidet böse Überraschungen.

Für Hybrid-Athlet:innen bedeutet das: Trinken ist Training. Wer seine Hydration so ernst nimmt wie den Squat oder die Intervalle, hebt sein gesamtes Leistungsniveau an.


Kapitel 6: Mikronährstoffe – mehr als Magnesium und Vitamin D

Makronährstoffe wie Carbs, Protein und Fett sind die großen Player. Sie liefern Energie, Material und Strukturen. Doch die eigentliche Magie, die es dem Körper erlaubt, Training umzusetzen, passiert im Kleinen: in den Mikronährstoffen.

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente wirken wie winzige Zahnräder in einem gigantischen Uhrwerk. Man sieht sie nicht, sie wirken unscheinbar – aber wenn eines davon hakt, läuft der ganze Mechanismus unrund. Gerade Hybrid-Athlet:innen, die ihren Körper mit Doppelbelastungen fordern, brauchen diese Zahnräder im perfekten Einklang.


Eisen – Sauerstoff als limitierender Faktor

Kein Mineral ist für Ausdauer so entscheidend wie Eisen. Es ist der Kern von Hämoglobin – dem Molekül, das Sauerstoff im Blut transportiert – und Myoglobin, das Sauerstoff in den Muskeln speichert. Ohne ausreichend Eisen ist dein VO₂max wie gedeckelt: Dein Körper kann einfach nicht mehr Sauerstoff aufnehmen und nutzen.

Das Problem: Eisenmangel ist unter Sportler:innen extrem verbreitet, besonders bei Frauen und Vegetarier:innen. Ein niedriger Ferritin-Wert (der Speicherwert) bedeutet: Tank leer. Selbst wenn Hämoglobin noch normal aussieht, ist die Leistungsfähigkeit schon beeinträchtigt.

Spannend ist das Hormon Hepcidin: Es reguliert die Eisenaufnahme und steigt nach intensiven Trainingseinheiten für 3–6 Stunden an. Bedeutet: Wenn du direkt nach dem Training Eisen zuführst, wird es schlechter aufgenommen. Besser: morgens oder in Ruhephasen, kombiniert mit Vitamin C – und nicht mit Kaffee, Tee oder Milchprodukten, die die Aufnahme hemmen.


Vitamin B12 & Folat – Baumeister des Blutes

B12 und Folat arbeiten wie Partner. Sie sind nötig für die Erythropoese, also die Bildung neuer roter Blutkörperchen. Ohne sie entsteht eine sogenannte megaloblastäre Anämie: Die Zellen werden groß und unförmig, aber ineffektiv im Sauerstofftransport.

Besonders Vegan- und Vegetarisch-Lebende müssen auf B12 achten, da es fast ausschließlich in tierischen Produkten vorkommt. Ein Mangel wirkt nicht nur auf die Ausdauer, sondern auch auf das Nervensystem – Kribbeln, Konzentrationsschwierigkeiten und Müdigkeit sind typische Anzeichen.


Zink, Kupfer und Selen – die unterschätzten Spurenelemente

Diese drei arbeiten im Hintergrund, aber sie sind echte Schlüsselspieler:

  • Zink: Bestandteil von über 300 Enzymen, beeinflusst Immunsystem, Wundheilung und Testosteronproduktion.
  • Kupfer: nötig für die Bildung von Hämoglobin. Ohne Kupfer kein effizienter Sauerstofftransport – ein Mangel wird oft übersehen, wenn man nur auf Eisen schaut.
  • Selen: wirkt im antioxidativen Schutzsystem. Es ist Teil der Glutathion-Peroxidase, die freie Radikale neutralisiert, die bei intensiver Belastung entstehen.

Besonders interessant: Ein Ungleichgewicht zwischen Zink und Kupfer kann Probleme verstärken. Viele Supplemente überladen mit Zink, aber vernachlässigen Kupfer – das führt langfristig zu Dysbalancen.


Kalzium, Vitamin D & K2 – das Knochen-Trio

Hybrid-Athlet:innen belasten Knochen gleich doppelt: durch Impact beim Laufen und durch Lasten im Gym. Der Knochen ist kein starres Gerüst, sondern lebendiges Gewebe, das ständig auf- und abgebaut wird.

  • Kalzium: Grundbaustein.
  • Vitamin D: reguliert die Aufnahme, beeinflusst Immun- und Muskelfunktion.
  • Vitamin K2: steuert, dass Kalzium dort landet, wo es hingehört – im Knochen und nicht in den Gefäßen.

Ein Defizit in diesem Trio zeigt sich oft erst spät – in Form von Stressfrakturen oder chronischen Verletzungen. Besser ist es, früh darauf zu achten, vor allem in Wintermonaten mit wenig Sonnenlicht.


Antioxidantien – Freund und Feind zugleich

Nach harten Trainingseinheiten produziert der Körper viele freie Radikale. Klingt negativ, aber diese Radikale sind auch Signale, die deinem Körper sagen: „Baue mehr Mitochondrien, repariere, adaptiere.“

Wenn du direkt nach dem Training hochdosiertes Vitamin C oder E nimmst, löschst du diese Signale – und blockierst einen Teil der Anpassung. Genau deshalb sind isolierte Megadosen von Antioxidantien nach Workouts kontraproduktiv.

Besser: natürliche Quellen wie Beeren, Kirschen oder Gemüse. Diese liefern neben Antioxidantien auch sekundäre Pflanzenstoffe, die modulieren statt komplett zu löschen. Ideales Timing: abends oder an Ruhetagen, nicht direkt nach der Einheit.


Jod – oft vergessen, aber essenziell

Die Schilddrüse ist dein Stoffwechsel-Taktgeber. Ohne Jod keine Produktion von T3 und T4, den Schilddrüsenhormonen. Ein Mangel kann die Leistungsfähigkeit massiv drosseln – Müdigkeit, Kälteempfindlichkeit und Gewichtsschwankungen sind typische Symptome.

In Mitteleuropa ist Jodmangel nach wie vor verbreitet, da viele Menschen kein Jodsalz mehr nutzen oder auf verarbeitete Lebensmittel verzichten, die jodiert sind. Für Athlet:innen lohnt sich ein bewusster Blick auf Jodquellen – etwa Seefisch, Algen (in Maßen) oder jodiertes Salz.


Polyphenole & Pflanzenstoffe – Recovery-Booster aus der Natur

Sekundäre Pflanzenstoffe sind ein spannendes Feld. Beispiele:

  • Rote-Bete-Saft: Nitrat → Stickstoffmonoxid → bessere Durchblutung
  • Montmorency-Kirschen: Anthocyane → bessere Schlafqualität & Entzündungsmodulation
  • Kakao-Flavanole: Gefäßgesundheit, kognitive Leistung

Das Spannende: Sie wirken nicht isoliert wie Vitamine, sondern in Synergie mit anderen Nährstoffen. Für Hybrid-Athlet:innen sind sie weniger „must have“, aber oft das Quäntchen, das Regeneration verbessert und kleine Prozentpunkte rausholt.


Zusammenfassung

Mikronährstoffe sind die Feinabstimmung im System. Ohne sie läuft der Motor, aber nicht effizient.


Kapitel 7: Interferenz-Effekt – wo Ernährung zum Puffer wird

Stell dir vor, dein Körper hat zwei Bauleiter, die sich um die Ressourcen einer Großbaustelle streiten. Der eine heißt AMPK, der andere mTOR. Beide haben klare Pläne:

  • AMPK sagt: „Wir brauchen mehr Effizienz! Baut Mitochondrien, erweitert die Infrastruktur, damit wir lange laufen können.“
  • mTOR sagt: „Wir brauchen mehr Substanz! Repariert, vergrößert, baut Muskeln, damit wir stärker werden.“

Das Problem: Sie haben denselben Werkzeugkasten. Wenn AMPK gerade die Werkzeuge blockiert, kann mTOR nicht arbeiten – und umgekehrt. Dieses Phänomen nennen Forscher:innen den Interferenz-Effekt.

Für Ausdauerathlet:innen ist das egal – sie wollen AMPK pushen. Für reine Kraftsportler:innen auch – sie kümmern sich nur um mTOR.
Hybrid-Athlet:innen wollen beides. Und hier wird Ernährung zum entscheidenden Puffer.


Wie Training diese Signalwege steuert

  • Ausdauertraining (vor allem lang oder intensiv) leert die Glykogenspeicher und erhöht das AMP:ATP-Verhältnis in der Zelle. Das aktiviert AMPK. Ergebnis: bessere Fettoxidation, mehr Mitochondrien, verbesserte Kapillarisierung.
  • Krafttraining (schweres Heben, explosiv, Hypertrophie-orientiert) setzt mechanische Spannung auf die Muskelfasern. Das aktiviert mTOR. Ergebnis: mehr Muskelproteinaufbau, stärkere Muskeln, höhere Leistungsreserven.

Beides ist gut – aber wenn es zeitgleich passiert, funkt AMPK mTOR dazwischen. Ergebnis: Muskeln regenerieren langsamer, Hypertrophie bleibt hinter den Erwartungen zurück.


Ernährung als Schutzschild für mTOR

Hier kommen Kohlenhydrate und Protein ins Spiel. Denn mTOR reagiert nicht nur auf mechanische Spannung, sondern auch auf Nährstoffe.

  • Carbs füllen die Energiespeicher und senden das Signal „Energie vorhanden“ → mTOR-Aktivierung.
  • Protein (genauer: Leucin) setzt den direkten Trigger.

Das bedeutet: Selbst wenn AMPK nach einem langen Run aktiv ist, kannst du durch kluges Carbtiming und gezielten Proteinput den mTOR-Signalweg „retten“.

Praktisches Beispiel

Wenn du morgens 90 Minuten Rad fährst und abends schwer hebst, solltest du dazwischen reichlich Kohlenhydrate zuführen. Sonst gehst du mit leerem Speicher ins Gym – AMPK ist voll aktiv, mTOR bleibt blockiert, und dein Krafttraining wirkt wie ein halber Kompromiss.


Session-Reihenfolge: nicht egal

  • Kraft → Ausdauer am selben Tag: funktioniert, wenn genug Abstand dazwischenliegt und die Carbs aufgefüllt werden.
  • Ausdauer → Kraft am selben Tag: kritisch, wenn die Ausdauereinheit lang oder hart war. Dann ist mTOR fast immer gedämpft.

Das heißt nicht, dass es verboten ist, aber Hybrid-Athlet:innen sollten wissen: Ein langer Lauf direkt vor einer schweren Kraftsession ist wie ein Meeting-Marathon vor einer wichtigen Präsentation – du bist zwar physisch anwesend, aber geistig leer.


Train-Low als Werkzeug, nicht als Dauerzustand

„Train-low“ (siehe Kapitel 2) ist ein mächtiges Tool, um AMPK zu pushen. Aber für Hybrid-Athlet:innen gilt: Setze es mit Bedacht ein.

  • Geeignet: lockere Läufe oder Nüchterneinheiten.
  • Nicht geeignet: direkt vor oder in Kombination mit Krafttraining.

Die Kunst ist, „low“ dort zu nutzen, wo es den Ausdauerreiz verstärkt – und „high“ dort, wo Muskelaufbau und Explosivität gefördert werden sollen.


Regeneration als dritte Variable

Es geht nicht nur darum, was im Training passiert, sondern auch, was in den Stunden danach geschieht. Wenn du nach einer Einheit schnell Kohlenhydrate und Protein zuführst, verkürzt du die Dauer der AMPK-Aktivierung und gibst mTOR früher wieder grünes Licht.

Heißt: Ein Recovery-Shake nach dem Long Run ist nicht „Bodybuilder-Gimmick“, sondern für Hybrid-Athlet:innen ein strategisches Tool, um den Interferenz-Effekt abzufedern.


Zusammenfassung

  • Der Interferenz-Effekt entsteht, wenn AMPK und mTOR gleichzeitig Ressourcen fordern.
  • Ernährung kann wie ein Schiedsrichter wirken: Carbs und Protein halten mTOR im Spiel.
  • Session-Planung und -Reihenfolge sind entscheidend, um beide Systeme zu entwickeln, ohne gegenseitige Sabotage.

Quintessenz: Wer das versteht, hört auf, über „genetische Grenzen“ zu jammern – und beginnt, Training und Ernährung als präzises Steuerwerk zu nutzen.


Kapitel 8: Der trainierbare Darm – Gastrointestinales System als limitierender Faktor

Es gibt einen Satz, den fast jede:r Ausdauerathlet:in schon einmal gesagt hat:
„Meine Beine waren noch frisch, aber mein Magen hat nicht mehr mitgemacht.“

Für Hybrid-Athlet:innen ist das Risiko noch größer. Du willst im Gym Gewichte bewegen, am Wochenende lange Läufe oder Radausfahrten machen, vielleicht sogar beides am selben Tag. Doch was nützt dir perfekte Energieplanung, wenn dein Verdauungssystem streikt? Genau deshalb sprechen Forscher:innen heute vom „trainierbaren Darm“.


Warum der Darm so wichtig ist

Dein Verdauungssystem ist nicht nur ein Schlauch, der Essen aufnimmt. Es ist ein hochkomplexes Organ mit Milliarden von Nervenzellen – so komplex, dass man es oft das „zweite Gehirn“ nennt.

Beim Training kommt es allerdings in Bedrängnis:

  • Blutfluss verschiebt sich: Unter Belastung geht das Blut zu Muskeln und Haut (Kühlung). Der Darm bekommt weniger Versorgung.
  • Erschütterung und Bewegung belasten die Magenwände – besonders beim Laufen.
  • Hohe Kohlenhydratmengen können nicht beliebig durchgeschleust werden, weil die Transporter im Dünndarm begrenzt sind.

Ergebnis: Völlegefühl, Krämpfe, Übelkeit, Durchfall – kurz: klassische „GI-Probleme“.


Transporter – das Nadelöhr im System

Der limitierende Faktor ist nicht die Kalorienmenge, sondern die Aufnahmekapazität der Transporter:

  • SGLT1 transportiert Glukose – maximal ca. 60 g pro Stunde.
  • GLUT5 transportiert Fruktose – bringt nochmal ca. 30 g pro Stunde.

Wenn du beide Wege gleichzeitig nutzt (z. B. 2:1-Mix aus Glukose und Fruktose), kannst du bis zu 90 g pro Stunde aufnehmen – mit Training sogar 100–120 g. Wer nur Glukose nutzt, stößt früher an die Wand.


Der Darm ist trainierbar – wie ein Muskel

Genau wie Muskeln passt sich auch dein Verdauungssystem an. Wenn du regelmäßig Kohlenhydrate während des Trainings zuführst, erhöht sich die Transporterzahl im Darm. Außerdem lernt dein Magen-Darm-Trakt, größere Mengen ohne Beschwerden zu verarbeiten.

Gut Training braucht Geduld:

  • Starte bei moderaten Mengen (30–40 g pro Stunde).
  • Steigere schrittweise auf 60, 75, 90 g.
  • Variiere die Konsistenz (Flüssigkeit, Gels, feste Riegel).
  • Teste verschiedene Temperaturen (kühl im Sommer, lauwarm im Winter).

Nach einigen Wochen kannst du so viel aufnehmen, wie du in langen Sessions oder Wettkämpfen brauchst.


Fasern, FODMAPs & Co. – was vor Key-Sessions zu beachten ist

Ballaststoffe sind wichtig für die Gesundheit – aber kurz vor intensiven Einheiten kontraproduktiv. Bestimmte schwer verdauliche Kohlenhydrate (FODMAPs) fermentieren im Darm und sorgen für Blähungen und Beschwerden.

Für Hybrid-Athlet:innen gilt:

  • Vor langen Läufen, Intervallen oder Wettkämpfen ballaststoffarme Kost bevorzugen.
  • Hochfaserige Vollkornprodukte, Zwiebeln, Hülsenfrüchte oder sehr reifes Obst am Vortag reduzieren.
  • Keine Panik: Das heißt nicht „Low-Fiber-Lifestyle“ – nur strategische Anpassung für Schlüsseltage.

Flüssigkeit und Osmolalität – die unsichtbare Balance

Auch die Flüssigkeitszusammensetzung entscheidet, ob dein Darm mitspielt. Getränke mit zu hoher Osmolalität (z. B. sehr süße Drinks) ziehen Wasser in den Darm → Durchfall. Zu dünne Lösungen liefern dagegen nicht genug Energie.

Die Kunst: 6–8 % Kohlenhydratkonzentration (60–80 g pro Liter) plus Natrium (300–800 mg pro Liter). Das erleichtert Aufnahme und Flüssigkeitsbilanz.


Hitze als Verstärker

Besonders kritisch wird es in der Hitze:

  • Blutfluss verschiebt sich noch stärker in die Haut.
  • Schweißverluste entziehen zusätzlich Flüssigkeit.
  • Der Darm wird anfälliger für Lecks und Beschwerden.

Darum sind Magenprobleme bei Sommer-Rennen häufiger. Hybrid-Athlet:innen, die im Hochsommer lange Radausfahrten machen oder danach ins Gym wollen, müssen ihr Fueling doppelt sorgfältig planen.


Zusammenfassung

  • Die Aufnahmekapazität ist durch Transporter limitiert – aber trainierbar.
  • Ballaststoffe und FODMAPs sind gesund, sollten aber vor Key-Sessions reduziert werden.
  • Flüssigkeit, Osmolalität und Natrium sind entscheidend für Verträglichkeit.
  • Hitze verstärkt alle Probleme – Training des Darms ist die Lösung.

Quintessenz: Verdauung ist Performance. Genau wie du deine Beine trainierst, solltest du auch deinen Darm trainieren – sonst wird er zum Flaschenhals deiner Leistung.


Kapitel 9: Supplements – die mit Evidenz und die Mythen

Kaum ein Thema ist so verlockend wie Supplements. Ein Scoop Pulver, eine Kapsel, ein Shot – und plötzlich soll alles leichter, stärker, schneller gehen. Kein Wunder, dass der Markt explodiert. Aber Hand aufs Herz: 80 % davon ist Marketing, 15 % „vielleicht interessant“ – und vielleicht 5 % wirklich evidenzbasiert und relevant.

Für Hybrid-Athlet:innen gilt deshalb mehr denn je: Supplements sind Feinschliff, nicht Fundament. Wer glaubt, dass ein Pulver Schlaf, Carbs oder Proteine ersetzt, schiebt nur den Fehler vor sich her. Aber: Die paar wirklich wirksamen Tools können den Unterschied machen – gerade, wenn man Kraft und Ausdauer gleichzeitig trainiert.


Koffein – der alte Klassiker

Koffein ist das am besten untersuchte Supplement überhaupt – und es wirkt. Es blockiert Adenosinrezeptoren im Gehirn, wodurch Müdigkeitssignale gedämpft werden. Ergebnis: höhere Wachheit, mehr Fokus, weniger wahrgenommene Anstrengung.

Für Hybrid-Athlet:innen ist es in zwei Szenarien spannend:

  • Ausdauer: härtere Intervalle fühlen sich etwas leichter an.
  • Kraft: mehr Explosivität, bessere Wiederholungen am Limit.

Die Dosis liegt meist bei 3–6 mg pro kg Körpergewicht, ca. 45–60 Minuten vor der Belastung. Aber: Mehr ist nicht besser – und wer Koffein zu spät nimmt, killt seinen Schlaf. Deshalb sollte jede:r seine persönliche Toleranz kennen und eher testweise im Training ausprobieren.


Kreatin – nicht nur für Bodybuilder

Viele sehen Kreatin immer noch als „Bodybuilder-Supplement“. Falsch gedacht. Kreatin ist eine der sichersten und effektivsten Substanzen überhaupt – und für Hybrid-Athlet:innen besonders interessant.

Es erhöht die Phosphokreatin-Speicher in den Muskeln, was vor allem bei kurzen, explosiven Belastungen (Sprints, schwere Lifts) hilft. Aber Kreatin kann mehr:

  • Es fördert die Muskelproteinsynthese.
  • Es unterstützt die Regeneration.
  • Es hat sogar neuroprotektive Effekte – sprich, auch das Gehirn profitiert.

Standarddosis: 3–5 g pro Tag. Kein Laden nötig, einfach regelmäßig nehmen. Nach einigen Wochen sind die Speicher voll.


Nitrat – der rote Rüben-Booster

Nitrat (z. B. aus Rote-Bete-Saft oder Spinat) wird im Körper zu Stickstoffmonoxid (NO) umgewandelt. NO erweitert die Blutgefäße, verbessert die Durchblutung und kann die Effizienz der Mitochondrien steigern.

Für Hybrid-Athlet:innen bedeutet das: weniger Sauerstoffverbrauch bei gleicher Leistung. Besonders interessant bei Time Trials oder längeren Belastungen im Schwellenbereich.

Übliche Dosis: 6–8 mmol Nitrat, 2–3 Stunden vor der Einheit. Alternativ: täglich über einige Tage, um die Speicher zu sättigen.


Beta-Alanin – der Puffer gegen brennende Muskeln

Wer Crossfit-Einheiten, hochintensive Intervalle oder Zirkel kennt, kennt das Gefühl: Brennen in den Muskeln, Übersäuerung, nichts geht mehr. Hier setzt Beta-Alanin an.

Es erhöht den Carnosin-Gehalt in den Muskeln, der überschüssige Protonen abpuffert – sprich: Es verschiebt die Schwelle, ab der deine Muskeln „sauer“ werden.

Effekt: bessere Performance bei Belastungen von 1–4 Minuten. Perfekt für kurze Intervalle, Crossfit-Workouts oder Hyrox-Races.

Dosis: 3,2–6,4 g pro Tag, aufgeteilt über mehrere Einnahmen (sonst Kribbeln). Wirkung erst nach 4–6 Wochen spürbar.


Natriumbicarbonat – der alte, aber effektive Trick

Klingt simpel: Backpulver. Aber in hochintensiven Sportszenarien wirkt es. Natriumbicarbonat puffert Säuren im Blut ab und kann die Toleranz für harte Belastungen verbessern.

Probleme: hohe Dosen führen oft zu Magen-Darm-Beschwerden. Deshalb testen – niemals im Wettkampf das erste Mal. Heute setzen viele Athlet:innen auf Mikrodosierungen (0,1 g/kg Körpergewicht, mehrmals am Tag), um die Verträglichkeit zu verbessern.


Kollagen & Gelatine – unterschätzte Helfer

Nicht für Muskeln, sondern für Sehnen, Bänder und Gelenke. Studien zeigen, dass 15 g Gelatine oder Kollagenpeptide, kombiniert mit Vitamin C, 30–60 Minuten vor Sprung- oder Plyo-Training die Kollagenproduktion anregen können. Für Hybrid-Athlet:innen, die viel Impact und Last kombinieren, ist das ein spannender Baustein für Prävention.


Die Mythen-Klasse

Und dann gibt es die Klassiker, die sich gut verkaufen, aber kaum halten, was sie versprechen:

  • BCAAs: unnötig, wenn du genug Protein zuführst.
  • ZMA: Magnesium und Zink sind wichtig – aber kein magischer Testosteron-Booster.
  • „Fatburner“: meist Koffein in hübscher Verpackung.

Zusammenfassung

  • Supplements sind kein Shortcut, sondern Feintuning.
  • Koffein, Kreatin, Nitrat, Beta-Alanin, Natriumbicarbonat: solide Evidenz, in den richtigen Kontexten stark.
  • Kollagen/Gelatine: sinnvoll für Bindegewebe.
  • Alles andere: Nice to have oder schlicht Marketing.

Für Hybrid-Athlet:innen heißt das: erst die Basis fixen – Energie, Carbs, Protein, Hydration, Mikros – dann Supplements als Bonus. Sonst ist es wie Spoiler montieren, bevor das Auto überhaupt einen Motor hat.


Kapitel 10: Spezielle Kontexte für Hybrid-Athlet:innen

Training ist nie im Vakuum. Ob du auf 2.000 Metern Höhe läufst, bei 30 Grad im Sommer radelst oder im Winter schwere Squats machst – dein Umfeld verändert, wie dein Körper auf Ernährung reagiert. Hybrid-Athlet:innen müssen das besonders ernst nehmen, weil sie ihre Systeme doppelt fordern.


Höhe – wenn der Sauerstoff knapp wird

Ab etwa 1.800 Metern Höhe sinkt der Sauerstoffpartialdruck spürbar. Das heißt: Jeder Atemzug bringt weniger O₂ ins Blut. Dein Körper reagiert mit einer Reihe von Anpassungen:

  • Atemfrequenz steigt.
  • Herzschlag beschleunigt.
  • Eisenbedarf explodiert, weil mehr rote Blutkörperchen gebildet werden sollen.

Für Hybrid-Athlet:innen bedeutet das:

  • Eisenstatus prüfen – Ferritinwerte sollten vor Höhentrainingslagern im optimalen Bereich liegen. Ohne Eisen kein EPO-Effekt.
  • Mehr Carbs – da Fettverbrennung in Hypoxie weniger effizient ist, verlässt sich der Körper stärker auf Kohlenhydrate.
  • Schlafprobleme sind normal – also Recovery strategisch unterstützen (Schlafhygiene, Carbs am Abend, kein spätes Koffein).

Hitze – der Feind im Sommer

Hitze ist für den Körper gleich doppelt brutal:

  • Schweißverluste steigen.
  • Blut wird zur Haut umgeleitet (Kühlung).
  • Der Darm bekommt weniger Durchblutung → GI-Probleme nehmen zu.

Strategien:

  • Flüssigkeitszufuhr bewusst erhöhen (0,6–1,0 L pro Stunde bei starker Hitze).
  • Natrium anpassen – hohe Verluste erfordern höhere Konzentrationen.
  • Cooling nutzen: Eis-Slush vor Sessions, kalte Getränke, leichte Kleidung.
  • Darm trainieren, um hohe Carbraten auch in der Hitze vertragen zu können (siehe Kapitel 8).

Kälte – wenn Energie heimlich verpufft

Im Winter denkt man oft, dass Hydration und Fueling weniger wichtig seien. Doch Kälte hat ihre eigenen Tücken:

  • Der Körper verbraucht mehr Energie für Thermogenese (Wärmeerzeugung).
  • Flüssigkeitsverluste werden unterschätzt: weniger Durst, aber hohe Atemverluste.
  • Harte Carbs wie Gels oder Riegel frieren – und werden unbrauchbar.

Praxis:

  • Flüssigkeitszufuhr auch im Winter ernst nehmen.
  • Energiedichte Snacks wählen, die nicht einfrieren (Soft Gels, Energy Chews, Flüssig-Carb-Mischungen).
  • Carbs eher warm zuführen (Tee mit Maltodextrin, warme Bouillon).

Geschlecht & Zyklus – unterschiedliche Bedürfnisse

Frauen sind in der Ernährungsforschung oft unterrepräsentiert – viele Unterschiede werden übersehen.

  • Eisenbedarf ist durch Menstruation meist höher. Niedrige Ferritinwerte sind häufiger.
  • In der Lutealphase (zweite Zyklushälfte) steigt Energieverbrauch leicht an, Kohlenhydratverwertung verändert sich. Manche profitieren hier von bewusster erhöhter KH-Zufuhr bei intensiven Sessions.
  • Zyklusstörungen sind ein Zeichen von Low Energy Availability – Warnsignal, nicht „praktischer Nebeneffekt“.

Für Männer: kein „Thema egal“. Coaches oder Trainingspartner sollten Unterschiede respektieren und berücksichtigen.


Vegetarisch & Vegan – mehr als nur B12

Immer mehr Athlet:innen verzichten auf tierische Produkte. Das ist möglich – aber es braucht Bewusstsein für kritische Nährstoffe:

  • Vitamin B12: fast nur in tierischen Produkten → Supplement ist Pflicht.
  • Eisen: pflanzlich nur als Non-Häm-Eisen, schlechtere Absorption. Tipp: mit Vitamin C kombinieren, Kaffee/Tee rund ums Essen meiden.
  • Zink & Jod: oft knapp, bewusst Quellen suchen (Kürbiskerne, Nüsse, Jodsalz, Algen in Maßen).
  • Proteinqualität: pflanzliche Proteine oft unvollständig – deshalb Kombinationen nutzen (z. B. Reis + Erbse, Bohnen + Mais).

Hybrid-Athlet:innen, die Muskeln aufbauen wollen, müssen Proteinverteilung und Aminosäurequalität besonders beachten.


Zusammenfassung

  • In der Höhe entscheidet Eisenstatus über Anpassung.
  • In der Hitze ist Hydration der Schlüssel.
  • In der Kälte verpufft Energie schneller, Durstsignale täuschen.
  • Geschlecht und Zyklus beeinflussen Bedarf und Anpassung.
  • Pflanzliche Ernährung funktioniert – aber nur, wenn kritische Nährstoffe bewusst abgedeckt werden.

Quintessenz: „Context is king.“ Wer seine Ernährung an die Umgebung anpasst, macht den Unterschied zwischen Überleben und Performen.


Kapitel 11: Praxis-Integration – vom Konzept zur Umsetzung

Bis hierhin haben wir die Mechanismen verstanden: Energieverfügbarkeit, Carbs als Signal, Protein als Baumeister, Fette als Basis, Hydration, Mikros, Supplements, Interferenz, Darmtraining und spezielle Kontexte. Klingt nach einem Haufen Theorie – aber wie macht man daraus einen funktionierenden Alltag?

Genau hier entscheidet sich, ob Hybrid-Athlet:innen nur Wissen sammeln oder ob sie es in Leistung umsetzen.


Das Fundament zuerst – Energieverfügbarkeit

Stell dir deine Ernährung wie ein Haus vor: Ohne stabiles Fundament kannst du die schönste Architektur oben draufsetzen – es bricht irgendwann ein. Für Hybrid-Athlet:innen heißt das: EV zuerst.

  • Wer chronisch zu wenig isst, sabotiert sich selbst.
  • Wer genug Energie reinbekommt, hat Spielraum für Feinheiten wie Carb-Periodisierung oder Supplementstrategien.

Praxis: Überprüfe im Wochenrhythmus. Wenn Gewicht, Stimmung und Leistungsdaten stabil sind, passt die Basis. Spirale aus Müdigkeit, schlechter Laune und Stagnation? Meist kein Trainingsproblem – sondern ein Tellerproblem.


Kohlenhydrate periodisieren – Qualität sichern

Carbs sind nicht schwarz oder weiß. Sie sind ein Steuerinstrument:

  • Key Sessions (Kraft schwer, Intervalle, lange Läufe): High-Carb, Speicher voll.
  • Lockere Einheiten: moderat oder low-carb, um Anpassungen zu fördern.
  • Doppelsessions: nach der ersten Session sofort Kohlenhydrate, sonst leidet die zweite.

Das ist keine Diätstrategie, sondern Periodisierung – wie beim Training selbst.


Protein verankern – wie eine Routine

Protein wirkt nicht, wenn es zufällig passiert. Es muss verteilt und regelmäßig kommen.

Praxis: 4–6 Portionen über den Tag, jede mit 20–40 g Protein. Einfach, planbar, effektiv.


Fette nicht vergessen – Balance halten

Wer Carbs periodisiert, landet schnell in der Falle: „Dann reduziere ich Fett, um Kalorien zu sparen.“ Falsch. Zu wenig Fett = Hormone im Keller = Performance im Keller.

Praxis: Mindestens 0,8 g/kg Körpergewicht im Schnitt. Wer drunter fällt, riskiert mehr, als er gewinnt.


Hydration trainieren – nicht improvisieren

Hydration ist kein Glücksspiel. Genauso wie du deine Pace oder dein Gewicht im Gym kennst, solltest du auch deine Schweißrate und Natriumverluste kennen.

Praxis: Teste im Training, wie viel du pro Stunde verlierst. Bau daraus deine Standardstrategie. Mach es zur Routine, nicht zur Notlösung.


Mikros checken – Blutwerte als Spiegel

Die wenigsten merken Eisen- oder B12-Mangel sofort. Für Hybrid-Athlet:innen ist Müdigkeit aber oft der Normalzustand – deshalb wird das übersehen.

Praxis: 1–2× pro Jahr Blutwerte checken, gerade bei hohem Trainingspensum. Kein Luxus, sondern Investition in Leistung.


Supplements: Fokus statt Sammelsurium

Clever ist nicht, 10 Dosen im Schrank zu haben, sondern 2–3 Dinge konsequent einzusetzen: Koffein für Key-Sessions, Kreatin für Grundkraft, vielleicht Nitrat für Wettkämpfe.

Praxis: Teste im Training, nicht im Wettkampf. Supplements sind das i-Tüpfelchen, nicht die Basis.


Interferenz entschärfen – Timing ist alles

Kraft und Ausdauer gleichzeitig zu trainieren, ist wie zwei Parteien in einer Koalition. Abstimmung bringt Fortschritt, Chaos blockiert.

Praxis:

  • Kraft mit Carbs absichern.
  • Ausdauer nicht direkt davor knallen.
  • Abstand schaffen, wenn möglich.
  • Recovery nutzen, um mTOR wieder in Gang zu bringen.

Darmtraining – den Flaschenhals öffnen

Theoretisch 90 g Carbs pro Stunde zu planen, bringt nichts, wenn dein Magen nach 30 g rebelliert.

Praxis: Fang klein an, steigere über Wochen, probiere Konsistenzen und Geschmäcker. Nur so bist du in Wettkämpfen oder langen Hybrid-Sessions sicher.


Alltagstauglich denken – nicht perfekt

Größtes Missverständnis: Ernährung müsse perfekt sein. Nein. Sie muss konsistent sein. 90 % solide Basics schlagen 100 % Perfektion, die nach zwei Wochen kollabiert.

Praxis: Plane Ernährung wie Training – mit Periodisierung, aber auch Flexibilität. Pizza oder Bier sind kein Problem, solange die Basis steht.


Zusammenfassung

  • Energieverfügbarkeit zuerst.
  • Carbs steuern, Protein verteilen, Fett sichern.
  • Hydration, Mikros und Darm trainieren wie jede andere Fähigkeit.
  • Supplements nur gezielt einsetzen.
  • Ernährung als Teil des Trainings begreifen – nicht als Nebenprogramm.

Quintessenz: Ernährung ist der Architekt deiner Anpassungen. Wer das versteht, arbeitet nicht blind Pläne ab – sondern steuert sein Training aktiv.


Kapitel 12: Ernährung als strategischer Hebel – das große Ganze

Viele sehen Ernährung noch immer als Nebenschauplatz. Training gilt als der eigentliche Hebel – und Essen als bloße Tankstelle. Doch wer Hybrid-Athlet:in ist, weiß: Das reicht nicht. Kraft und Ausdauer parallel zu entwickeln, ist ein schmaler Grat. Mal ziehen sich die Systeme gegenseitig hoch – mal blockieren sie sich.

Genau hier entscheidet Ernährung.

Sie ist mehr als Treibstoff. Sie ist Signalgeber, Architekt, Regulator und Schutzsystem in einem. Sie entscheidet, ob mTOR grünes Licht für Muskelaufbau bekommt oder ob AMPK das Zepter übernimmt. Sie bestimmt, ob deine Knochen stabil bleiben, ob dein Immunsystem dich schützt, ob du bei 30 Grad im Sommer noch klar denken kannst oder ob du schon beim Aufwärmen einknickst.


Was wir gelernt haben

  • Energieverfügbarkeit ist die Basis. Ohne sie stürzt jedes System ab, egal wie sauber dein Plan ist.
  • Kohlenhydrate sind nicht Feind oder Freund, sondern Werkzeug. Sie können Ausdauer pushen oder Muskelaufbau sichern – je nach Timing.
  • Protein ist Baustoff und Signal zugleich. Ohne Verteilung und Qualität wird selbst viel Protein ineffektiv.
  • Fette halten Hormone, Gehirn und Grundenergie stabil.
  • Hydration & Elektrolyte sind kein „trink genug“-Mantra, sondern präzise Stellschrauben für Performance.
  • Mikronährstoffe sind die unsichtbaren Zahnräder, ohne die das System nicht läuft.
  • Supplements sind Feinschliff – wertvoll, wenn gezielt eingesetzt, nutzlos als Gießkanne.
  • Interferenz-Effekt ist real, aber Ernährung kann ihn abfedern.
  • Der Darm ist trainierbar – und oft das Nadelöhr der Performance.
  • Umfeld & Kontext (Höhe, Hitze, Kälte, Geschlecht, Ernährungstyp) machen den Unterschied.
  • Praxis-Integration entscheidet: Wissen ist wertlos, wenn es nicht in den Alltag übersetzt wird.

Die Quintessenz

Hybrid-Athlet:innen sind keine normalen Athlet:innen. Sie balancieren zwei Systeme, die sich evolutionär nie gemeinsam entwickelt haben. Deshalb braucht es auch keine 08/15-Ernährung, sondern eine Strategie, die genauso intelligent periodisiert ist wie das Training selbst.

👉 Ernährung ist nicht „Support“.
👉 Ernährung ist Training.

Sie ist der Hebel, mit dem du aus zwei Welten ein Ganzes machst. Mit dem du nicht nur Kilometer sammelst oder Kilos bewegst, sondern aus beidem eine neue Qualität erschaffst.


Schlusswort

Wenn du also das nächste Mal an deiner Ernährung zweifelst oder über Supplements nachdenkst, erinnere dich:
Der größte Unterschied entsteht nicht durch die Pille oder das Pulver.
Er entsteht, wenn du verstehst, wie dein Körper funktioniert – und ihn fütterst, wie er es braucht.

Das ist keine Esoterik, das ist Biochemie.
Und genau das macht Hybrid-Athlet:innen aus: Sie beherrschen nicht nur das Training, sondern auch die Wissenschaft dahinter.

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